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Anfänge

Schon als Kind war mir klar, dass ich in der DDR ohne FDJ-Mitgliedschaft und mit verweigertem Wehrkundeunterricht keine Chance aufs Abitur haben würde. Also suchte ich nach Alternativen und plante im Sommer 1990 eine Buchbinderlehre in Leipzig zu beginnen.

Doch dann riefen die Leipziger auf ihren Montagsdemos „Wir sind das Volk!“ und machten der SED-Diktatur ein Ende. Das eröffnete auch mir neue Chancen: Ich holte das Abitur nach, studierte einige Semester in verschiedenen Fachrichtungen, reiste durch Südamerika und Tibet und erschloss mir neue Welten.

Nach einer schweren Erkrankung wagte ich einen Neubeginn in London, bewarb mich am Roehampton Institute für das Studium Calligraphy and Bookbinding und hatte das Glück, trotz geringer Sprachkenntnisse angenommen zu werden. In diesen drei Jahren gewann ich Selbstvertrauen und konnte die einengenden DDR-Erlebnisse abschütteln.

Nach dem Studienabschluss ergab es sich, dass meine Freundinnen Anne Wilhelm und Elske Rosenfeld genau wie ich nach einer Existenzgrundlage suchten. In Sachsen konnte man als „Existenzgründer“ eine finanzielle Unterstützung beantragen. Wir tranken viel Kaffee, rauchten viele Zigaretten und entwickelten ein gemeinsames Projekt, für das uns das „Existenzgründergeld“ bewilligt wurde.

Elske würde eine Galerie leiten, Anne eine Agentur für Projektmanagement führen und ich mir ein Atelier einrichten, in dem ich auch Kurse in Kalligrafie und Buchbinden geben würde. Mein Atelier bekam den Namen Blue Child. Die Galerie nannten wir 3st & Töchter, denn wir fanden es schon ziemlich dreist, so zu dritt ganz bei Null anzufangen.

3st & Töchter – Anne, Elske, Marí im Jahr 2000; Foto: Detlev Nachreimer

Wir bezogen einen Laden in der Kunsthofpassage zwischen Alaun- und Görlitzerstraße in der Dresdner Neustadt. Im Zuge der Sanierung waren mehrere, miteinander verbundene Hinterhöfe von Künstlern thematisch gestaltet worden. Für ein Jahr zogen wir in den Hof der Metamorphosen, danach – mit veränderter Konzeption – in den Hof des Lichts. Elske stieg aus und wandte sich anderen Aufgaben zu. Den unteren Ladenraum bezog Anne mit der Papeterie Blue Child und einem Warenangebot rund um die Kalligrafie. In der 1. Etage organisierte ich Ausstellungen mit den Werken in- und ausländischer Kalligrafen und begann mit der Kursarbeit.

Hof des Lichts 1996; Foto: Gingko Projektentwicklung

Hof des Lichts 2008; Foto: zwoacht.de

Nach weiteren fünf Jahren verabschiedete sich Anne für eine Weltumsegelung und Susanne Schottmann übernahm den Laden. Die Galerie wurde geschlossen. Von Oktober 2006 bis Februar 2018 hatte ich in dem oberen Raum meine Buchbindewerkstatt und nutzte ihn für kleinere Kursgruppen. Nach einem Wasserschaden mussten die Räume für eine Sanierung geschlossen werden und ich habe die Werkstatt in meine privaten Räume verlegt. Die Kurse finden wie bisher auch schon in gemieteten Räumen statt. Mehr Informationen zu den Kursen hier.

Susanne und Marí im Spreewald; Foto: privat

Gut Frohberg bei Meißen; Foto: privat

Stadtteilhaus in Dresden; Foto: zwoacht.de